Irgendetwas ist da, ein Ahnung, eine Erinnerung an beseelte Kindertage. Eine Freude verloren geglaubt, verdeckt von dem grauen Nebeln des Alltags.
Es geht eine Faszination und ein eigener Glanz aus vom Neuen, Unverfälschten, Unberührten. Einen neuen Anfang setzen, das heißt, dass das Neue im Inneren schon da ist. In uns ist der Geist Gottes, der uns in jedem Augenblick erneuert und Neues in uns bewirkt. Wenn ich in der Stille in mich hineinhorche, dann ahne ich, was da an neuen Möglichkeiten in mir aufbricht. Es tauchen neue Ideen auf, die Ahnung, Neues zu wagen, neue Verhaltensweisen einzuüben.
Ich muss nicht alles neu machen, ich soll vielmehr dem Neuen trauen, das schon in mir ist. Es braucht Achtsamkeit, damit das Neue, dass Gott in jedem Augenblick in mir wirkt, auch wachsen und Gestalt annehmen kann. Die zweite Bedeutung des neuen Anfangs wird sichtbar, wenn wir die Wörter „anfangen“ und „beginnen“ genauer anschauen. „Anfangen“ kommt von „anpacken, anfassen, in die Hand nehmen“. Weihnachten sagt uns: Wenn du neu anfangen willst, musst du dein Leben selbst in die Hand nehmen. Statt zu jammern, dass du festgelegt bist durch deine Erziehung, durch deine Veranlagung, durch dein Schicksal, musst du die Verantwortung für dein Leben übernehmen und es in die Hand nehmen. Du kannst in jedem Augenblick neu anfangen. Du musst nur dein Leben, so wie es ist, annehmen, anfassen und formen.
Das Wort „beginnen“ bedeutet ursprünglich „urbar machen“. Beginnen ist mühsam. Da erscheint dein Leben wie ein Land voller Disteln und Steine, von Gehölz und Unkraut übersät, chaotisch, unfreundlich. Wenn du es urbar machen willst, musst du dir erst einmal ein Feld abstecken. Bald nach Weihnachten beginnt ein neues Jahr. Es kann vom Geheimnis der Weihnacht her ein neues Licht auf dein Leben werfen: Du kannst nicht das ganze Land deines Lebens in einem Jahr urbar machen. Entscheide dich, welches Stück deines Landes du in diesem Jahr urbar machen möchtest. Vielleicht ist es der Bereich deiner Beziehungen oder deiner Arbeit oder deines Lebensstils. Und dann gehe daran, das Verwachsene auszureißen, damit dein Boden Frucht bringen kann, damit Neues darauf wachsen kann. Gott wird einen neuen Samen auf dein Feld legen. Deine Aufgabe ist es, es urbar zu machen, damit der Same aufgeht und Neues, Ungeahntes, Unerwartetes, Wunderbares in dir zur Blüte kommen kann.
Mehr Gründe zur Freude auf Weihnachten findest du im aktuellen ENGELmagazin Januar/Februar 2019.
Über den Autor
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Pater Anselm Grün, geb. 1945, Mönch der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, geistlicher Begleiter und Kursleiter in Meditation, Fasten, Kontemplation und tiefenpsychologischer Auslegung von Träumen. Seine Bücher zu Spiritualität und Lebenskunst sind weltweite
Bestseller – in über 30 Sprachen. Sein einfachleben- Brief begeistert monatlich zahlreiche Leser (www.einfachlebenbrief.de).