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Himmlische Helfer

Seit dem letzten Besuch beim Tierarzt waren gerade einmal 8 Wochen vergangen. Mietzi hatte sich seit dem nicht wirklich erholt. Sie fraß mal mehr mal weniger, obwohl fressen zuvor ihre große Leidenschaft war. Bei der Zubereitung unseres Frühstückes mauzte sie früher so herzzerreißend, als hätte sie Tagelang nichts zu fressen bekommen und sei am Verhungern. Jetzt musste wir sie zum Fressen förmlich betteln. Manchmal denke ich, sie hat an manchen Tagen nur mir zur Liebe gefressen.
Ein erneuter Tierarztbesuch wurde nötig, da sie die Nahrungsaufnahme total verweigerte, nicht mehr ausreichend trinken wollte und täglich erbrechen musste. Auf der Fahrt dorthin war Mietzi, im Gegensatz zu sonstigen Autofahrten, total still. Nur schwer konnte ich meine Tränen vor ihr verbergen. Ich streichelte sie und versprach ihr, sie auf jeden Fall wieder mit nach Hause zu nehmen. Erzengel Raphael und Erzengel Ariel bat ich bei ihr zu sein und vertraute darauf, dass sie uns auch dieses Mal hilfreich zur Seite stehen würden. Beim heutigen Arztbesuch wurde unserer Mietzi Blut abgenommen und sie wurde geröntgt. Die Zeit im Warteraum schien still zu stehen und ich spürte wie meine Unruhe immer größer wurde. Endlich wurden wir zur Auswertung der Untersuchungen ins Sprechzimmer gerufen. Mietzi hat alles tapfer über sich ergehen lassen. Der für uns schockierende Befund lautete Niereninsuffizient und Bauchspeicheldrüsenentzündung.

Diese Diagnose traf mich wie ein Faustschlag, denn nun wusste ich das wir Mietzi nicht mehr lange bei uns haben dürfen. Sie bekam einen Tropf und musste bis zur Schließung der Praxis dort bleiben. Ich versprach ihr sie am Abend wieder abzuholen. Wir fuhren ohne sie nach Hause, was mir sehr schwer fiel. Bei der Abholung vereinbarte die Tierärztin mit uns, dass sie auch an den zwei darauffolgenden Tagen an den Tropf gelegt werden müsste. Mietzi bekam einen blauen Stretch Verband zum Schutz der Kanüle und durfte dann nach Hause. Zu Hause angekommen, machte sie sich gleich über ihren Futternapf her. Auch die zwei anderen Tage überstand sie gut. Getrübt wurde diese Freude von der bevorstehenden Tatsache, dass sie 14 Tage ohne uns auskommen musste, denn wir hatten mit unseren Kindern und Enkeln einen gemeinsamen Urlaub geplant. Eine sehr mitfühlende und freundliche Tierarzthelferin erkannte meine innere Zerrissenheit. Auf der einen Seite würde ich gern bei Mietzi bleiben wollen und zum anderen stand der Urlaub, auf den sich alle schon ein Jahr lang gefreut haben, bevor. Sie bot sich an Mietzi während unserer Abwesenheit zu sich zu nehmen. Tolle Idee – sogleich machten sich bei mir die ersten Zweifel breit. Mietzi war noch nie außerhalb unseres Grundstückes und ohne ihre Katzenfreundin Reni gewesen. Es brauchte keiner langen Überlegung. Mein Mann und ich waren uns sofort einig, Mietzi bleibt zu Hause egal was passiert. Im schlimmsten Fall würde es wieder Harald treffen, der sich täglich, während unserer Abwesenheit um die beiden kümmert.

Kurz vor der Abfahrt fraß sie, als wollte sie mir sagen mache dir keine Sorgen. Während unseres Urlaubes musste ich immer wieder an unsere Kranke denken. Da während der ganzen Zeit kein Anruf von Harald kam, musste alles in Ordnung sein und Mietzi würde wie immer auf uns warten. Als wir zu Hause ankamen freute sie sich sehr, hatte aber zu meiner Endtäuschung wieder an Gewicht verloren. Vor lauter Übermut fing sie am Abend eine kleine Maus. Noch nie in ihrem Leben hatte Mietzi eine Maus gefangen. Wie wollte sie die fressen mit nur zwei Zähnen? Es hatte den Anschein als würde sie die Maus lebendig herunterschlucken. Mein Mann und ich versuchten, zum Glück erfolgreich, ihr die Maus lebend zu entreißen. Sie gaukelte uns nur vor vital und gesund zu sein. Ich hatte das Gefühl als würde sie unsere erneute bevorstehende Reise erahnte. Am nächsten Morgen sprang sie wie in ihrer Jugendzeit von der Wäschetruhe auf mein Bett. Das hatte sie schon lange nicht mehr geschafft. An den folgenden Tagen kümmerte ich mich sehr intensiv um sie. Dann kam wieder der Tag des Abschiednehmens. Mietzi fraß kurz vor unserer Abreise das Trockenfutter ihrer Katzenfreundin Reni, so als wollte sie mich trösten und sagen: „Kannst ruhig fahren, ich komme schon klar.“ Beim Abschied drückte ich sie noch einmal liebevoll und bat sie, auch dieses Mal auf unsere Rückkehr zu warten. Die Erzengel Raphael und Ariel bat ich zu ihrem Schutz bei ihr zu sein und über sie zu wachen. Auch dieses Mal kam während unserer Abwesenheit kein Anruf von Harald.
Während der Heimfahrt packte mich zunehmende Unruhe und ich konnte es kaum erwarten wieder zu Hause zu sein. Dieses Mal kam uns Mietzi nicht wie gewohnt als Erste entgegen. Als ich sie wie ein „Häufchen Unglück“ im Wohnzimmer auf ihrem Stammsessel sitzen sah, konnte ich meine Tränen nicht mehr zurück halten. Sie hatte auf uns gewartet und freute sich sehr uns zu sehen. Sie kam mit raus in den Garten und ließ sich gern streicheln. Nur fressen wollte sie nicht so richtig. Sie schnupperte am Futter und nahm wenige kleine Häppchen zu sich. Ich dankte den Erzengeln Raphael und Ariel, dass sie während unserer Abwesenheit so gut auf Mietzi aufgepasst hatten und mein Wunsch sie lebend wieder zu sehen in Erfüllung ging.

Der folgende Tag gestaltete sich ähnlich. Mietzi rührte das Fressen kaum an. Obwohl ihr das Laufen sichtbar schwer fiel hielt sie sich den ganzen Tag Draußen im Garten auf. An diesem Tag legte sie sich nicht wie sonst zum Schlafen in den Pavillon. Nein, sie zwängte sich unter eine kleine hölzerne Zierschubkarre auf der ein Pflanzkübel mit Rosen stand und beobachtete jeden unserer Schritte. Am nächsten Morgen wollte sie schon sehr zeitig mit Reni nach Draußen. Nichts ungewöhnliches nach den zurückliegenden Tagen nur in der Wohnung sein zu müssen, denn während unserer Abwesenheit lässt Harald sie nicht raus.
Wie gewohnt kam sie an die Küchentür, während ich das Frühstück zubereitete. Dieses Mal war sie Patsche Nass. Sie muss vermutlich wieder unter der kleinen Schubkarre gelegen und nicht bemerkte haben, dass sich der Gartensprenger eingeschaltet hat. Mit dem durchnässten Fell sah sie noch magerer aus. Sie ließ sich behutsam abtrocknen und bedankte sich mit einem kräftigen Schnurren. An diesem Tag verweigerte sie das Fressen total, auch ihre Lieblingsleckerli und Katzenmilch verschmähte sie. Es war ein sehr schöner Sommertag und Mietzi hielt sich den ganzen Tag im Garten auf. Mir fiel ihre zunehmende Unruhe auf, als wisse sie nicht so recht wo sie liegen wollte. Einige Male musste ich genauer in den Blumenrabatten nachsehen um sie zu entdecken, denn auf das Rufen reagierte sie nicht wie sonst. An diesem Tag kam sie nur noch einmal zu uns und wollte auf den Gartenstuhl gehoben werden.
In diesem Augenblick erahnte ich nicht, dass ich sie zum letzten Mal lebend streicheln würde. Ich hockte mich vor sie und sagte zu ihr:„ Mietzi, du warst uns in all den Jahren eine treue Wegbegleiterin und wir hatte viel Freude mit dir. Aber jetzt ist es an der Zeit, dass du uns verlassen darfst, damit du dich nicht so sehr quälen musst. Wir werden dich in guter Erinnerung behalten und dich sehr vermissen.“ Erzengel Azrael und Erzengel Raphael bat ich ihr Beizustehen, damit sie nicht leiden muss.
Als hätte sie mich verstanden, sprang vom Stuhl und tippelte über den Rasen und verschwand unter der kleinen Schubkarre. Sie blieb lange dort liegen und erst gegen Abend war sie verschwunden. Mein Mann und ich riefen nach ihr und suchten alles ab, fanden sie aber nicht. Gegen Mitternacht durchsuchte mein Mann mit der Taschenlampe nochmals jeden Winkel unseres Gartens. In dieser Nacht kam Mietzi nicht wie gewohnt nach Hause.

Auch am frühen Morgen fehlte von ihr jegliche Spur. Die erneute Suche wurde von der Türklingel unterbrochen. Unser Nachbarehepaar stand vor der Tür und teilte uns mit das unsere Katze tot auf ihrem Rasen in der Einfahrt liegt. Mein Mann holte Mietzi nach Hause. Wieder war sie vom Rasensprenger total durchnässt. Es hatte den Anscheint als wollte sie sauber in den Katzenhimmel gehen. Ich war sehr traurig und doch ein wenig erleichtert, das Erzengel Azrael und Erzengel Raphael meine Bitte erhört hatten, sie nicht so lange leiden zu lassen. Für meinen Mann und mich bleibt es ein Rätsel wie Mietzi unser Grundstück verlassen konnte, denn bis heute haben wir kein Loch im Zaun entdeckt. Für mich bleibt eine Gewissheit, Mietzi hat nur auf unsere Rückkehr gewartet, uns noch drei gemeinsame Tage geschenkt und wollte nicht dass wir bei ihrem Sterben dabei sind. Sie hat in unserem Garten einen sonnigen Ruheplatz, umgeben von Blumen bekommen. Von jedem Ausflug bringen wir einen schönen Stein mit und legen ihn auf ihre Grabfläche bis sie total ausgefüllt ist.

Allen himmlischen Helfern ein herzliches Dankeschön für ihre zuverlässige und liebevolle Hilfe. Wieder durfte ich erfahren, dass ich die Engel jederzeit um Hilfe bitte kann und darauf vertrauen, dass sie in jeder Lebenslage für mich da sind.

In großer Dankbarkeit.
Edeltraud Waclawik

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