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Tayala Léha: Die Stimme im Kühlschrank

Für Tayala Léha ist der Umgang mit Verstorbenen ganz normal, denn: sie spricht mit ihnen, hilft ihnen, den Weg in “die andere Welt” zu finden, aus der sie jedoch wieder zurückkehren können, wenn sie es wollen. Das Medium hat aus seinen Erlebnissen ein kleines Büchlein gemacht, hier ist ein Auszug davon:

Wind weht draußen, Blätter fallen. Es ist Herbst geworden. Ich sitze im Warmen und mir gegenüber eine Frau mit langem, schwarzem Haar. Eigentlich ist fast alles an ihr schwarz: jedwede Kleidung. Sie ist ein „Energiebündel“, ihre Energie wallt auf mich zu und über mich hinweg, während sie aufgeregt redet. Ratlosigkeit spiegelt sich in ihrem Blick und in ihrer Haltung. Etwas ganz Besonderes will sie mir erzählen, sagt sie leise und geheimnisvoll. Ich solle sie ja nicht für verrückt halten! „Nein!“ antworte ich, „Ich halte niemanden für verrückt, nur weil es etwas zu erzählen gibt, das vielleicht ungewöhnlich ist.“. Und sie beginnt zu berichten…

Zu Hause lebt sie mit Mann und Sohn, der Letztere pubertiert gerade. Vor einiger Zeit hat sie ihren Vater verloren, und traurig, wie sie darüber ist, kommt sie doch nicht zur Ruhe. Keiner von den Dreien kommt zur Ruhe, denn alle HÖREN den Vater reden, wenn sie die Kühlschranktüre öffnen… „Gruselig!“ meint sie, und fast ängstlich schaut sie mich an. „Kannst du uns helfen?“ kommt ihre zaghafte Frage an mich, die wir schnell per DU sind. „Ich weiß es nicht.“ antworte ich wahrheitsgemäß. „Ich kann es versuchen.“. Ich beginne, mit ihrem Vater Kontakt aufzunehmen, da er ja offensichtlich noch nicht gegangen ist. Er ist ansprechbar, und ich spüre schnell: seine Seele kann nicht gehen. Er hat Wichtiges zu berichten, aber keiner höre ihm zu, beklagt er sich. Er ist nett und freundlich. Wir „unterhalten uns“.
Es gäbe auf dem Dachboden ein Foto von ihm; das sollen sie suchen. Darauf sähe man ihn als jungen Mann vor einem Flugzeug stehen. Dann läge oben auf dem Dachboden noch ein Schmuckstück, eine Brosche. Die solle seine Tochter erhalten. Und am Heiligen Abend sollen alle drei sein Foto mit in den Gottesdienst nehmen und für ihn beten. So fände er endlich seinen Weg in die Ewigkeit.

Ich rufe die Frau an, erzähle ihr, was ich hörte und notierte. Sie geht los, sucht auf dem Dachboden nach dem Foto und findet es – genau, wie er es beschrieben hat: ihr Vater als junger Mann vor einem Flugzeug. Staunen – auf ihrer Seite und auf meiner. Solch` präzise Hinweise erhalte ich nur selten. Da bin auch ich beeindruckt! Die Brosche findet sie auch. Und als der Heilige Abend näher rückt, erzählt sie mir, dass ihr Sohn darauf drängt, dass unbedingt alle gemeinsam in die Kirche gehen – mit besagtem Bild von seinem Opa. Er, der pubertiert und sonst ganz andere Dinge im Kopf hat als gemeinsame Unternehmungen, besteht auf einer Familienandacht in der Kirche. Auch er ist schwer beeindruckt, dass sein Opa durch den Kühlschrank versucht, Kontakt zu seiner Familie aufzunehmen. Das ist neu für ihn, dass es so etwas überhaupt gibt. Und er findet es – wie alle Anderen auch – unheimlich.

Kurz und gut: am 24. Dezember gehen sie in die Kirche, beten für ihren Vater und Großvater – sein Foto in der Hand. Als alle drei beseelt und glücklich nach Hause gehen, weil sie seit langer Zeit mal wieder etwas GEMEINSAM gemacht haben als Familie, ist der Weihnachtstag ein doppeltes Geschenk: daheim im Kühlschrank ist es still. Und: es BLEIBT still!
EINES habe ich für mich mitgenommen aus diesem – für mich damals ganz besonderen – Erlebnis: es geht darum, sich verstanden zu fühlen UND verstanden zu werden. Dafür muss man ZUHÖREN! Ich begreife, dass die Familie sich verstanden fühlte, als ich sie nicht für verrückt hielt, sondern sie ernst nahm.

Und ich sehe auch, dass der verstorbene Vater sich endlich verstanden fühlte, weil ihm zugehört wurde, damit er DAS sagen konnte, was ihm noch „auf der Seele“ lag. Im übertragenen Sinne sah ich ein Bild: da lag ihm etwas auf der Seele, was die Seele beschwerte; er fühlte sich nicht leicht genug, um wie ein unbeschwerter Luftballon zum Himmel / in den Himmel aufzusteigen… So geht es vielen Seelen, die keine Ruhe finden. Sie wollen sich mitteilen, haben etwas für sie Wichtiges an die Hinterbliebenen weiterzugeben, aber keiner hört ihnen zu. Alle gruseln sich und „hauen ab“, wenn es denn mal spukt. Tja, so wird das nix mit dem Zuhören und Verstehen.
Manchmal muss man sich den Dingen stellen und sie zuende bringen – im eigenen Interesse und im Interesse aller Beteiligten: im Himmel bzw. der Zwischenwelt wie auf Erden.

Bildnachweis: © shutterstock.com

Über die Autorin

Über die Autorin

Tayala Léha ist von Geburt an ″medial begabt″. Sie sieht Seelen, die gegangen sind, und sie spricht mit ihnen. Diese Begabung beeinflusst ihr Leben stark, denn: diese Fähigkeit ist da, ob sie es nun will oder nicht. Viele Menschen sind sehr an diesem Thema interessiert. Das hat die Autorin veranlasst, ein kleines Büchlein zu schreiben: Mit Geschichten aus ihrem Leben, rund um das Thema MEDIALITÄT.

 

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