Wer nicht tiefer schaut, als die Brille seiner Vorurteile es zulässt, übersieht die Menschen. Übersieht den Menschen im Menschen, wie vielleicht Nina Ruge, die wir sehr schnell als die aus dem Fernsehen abtun können, die uns schon früher am Ende ihrer täglichen Sendung mit dem Spruch nervte: „Alles wird gut.“
Die Frau aus dem Fernsehen ist nicht die Frau aus dem Leben. Nina Ruge ist anders, ganz anders, nicht nur die strahlende Karrierefrau, die es einst zum eigenen Boulevardmagazin („Leute heute“) zur besten Sendezeit gebracht hatte. Das ist sie nicht, was sich da bei uns als Alles-wird-gut-Fee (ihr täglicher Spruch) der heilen ZDF-Welt eingegraben hat, wird ihr schon lange nicht mehr gerecht. Nina Ruge ist eine sehr erfolgreiche spirituelle Autorin, die mit dem selben nüchternen Perfektionismus geistige Entwicklungen analysiert, wie sie damals als TV-Moderatorin politischen Entwicklungen nachspürte.
Lebt sie ein Doppelleben? Wie sie selbst schreibt: „Von früher Jugend an – bis heute. Ein Leben im Außen und eines im Innen.“ Aber Nina Ruge betreibt nichts so nebenbei, locker, vielleicht aus Neugierde: Mit 17 macht sie ihr Abi, lebt in einer WG, null Geld, Bhagwan, Yoga, Psychokurse, lila Latzhose, Hermann Hesse, Buddha, das war ihr Leben. Als sie, längst erfolgreiche TV-Jounalistin ihren ersten großartigen spirituellen Bestseller („Der unbesiegbare Sommer in uns“) hinlegt, sagt sie fast verschämt im Interview mit dem ENGELmagazin: „Ich habe mich jetzt erst getraut, das aufzuschreiben, womit ich mich mein Leben lang beschäftigte. Aber die lebenslange Suche, die ich beschreibe, war schon immer ein Teil von mir.“
Anfangs leise, aber dennoch sehr eigenwillig und eisern konsequent geht Nina Ruge ihren Weg. Sie glaubt: „Du musst alles alleine machen. Du kannst dich nur auf dich selbst verlassen. Denn du bist verlassen.“ Ein Trauma, das seinen Ursprung in ihrer Kindheit hat. Ihre Mutter erkrankt an unheilbarem Krebs, überlebt 36 Jahre. Aber die Angst bleibt, überträgt sich auf das Kind, das sich innerlich verloren, auf sich selbst zurückgeworfen fühlt.
Nina wird ein extrem schüchternes, sensibles, kluges Mädchen, das in der Schule und sicherlich auch später ein lodernder Ehrgeiz antreibt. Eben diese imponierende Besessenheit, die auch spirituelle Menschen erfüllen kann. „Ich bin Perfektionistin und ich bin das auch gerne“, sagt sie. In ihrem neuen Buch („Sei DU der Leuchtturm deines Lebens“) schreibt sie, was sie den Menschen auf ihrem Entwicklungsweg weitergeben möchte: „Ich möchte mich Zeit meines Lebens selbst entwickeln, innerlich wachsen – um in ein neues Bewusstsein hinein zu leben. Mich trägt auf diesem Weg das Glück der Befreiung. Ja, Befreiung wovon? Zunächst trägt mich die Überzeugung, dass Selbstführung der einzige Weg zu innerem Wachstum ist. Unabhängig sein, vor allem die volle Verantwortung für die eigene persönliche Entwicklung übernehmen.“