Das Glück macht unersättlich. Die freie Autorin Christine Dohler erzählt, wie der Dalai Lama ihr auf ihrem Weg zu mehr Erleuchtung verhalf.
Gerade wenn du alles hast, die Anerkennung, das Geld und viele gute Freunde, fragst du dich, was sich ein armer Mensch, ein Verzweifelter, der um jeden Cent kämpft und keinen Job bekommt, nie fragen wird: „Das kann doch nicht alles gewesen sein, nicht das ganze Leben.“ Christine Dohler fragte es sich irgendwann. Sie ist erfolgreiche Journalistin und schreibt für Süddeutsche, Zeit, FAZ … Als sie in Hamburg den Dalai Lama trifft und ihn bei einer Pressekonferenz fragt, auch ein bisschen aus privatem Interesse fragt: „Wie können Frauen die Welt verändern?“ „Du kannst das, fang einfach an“, sagt er, mit seinem umarmenden Lächeln, das er ihr wie einen buddhistischen Segen mit auf den Weg gibt.
Fang einfach an, sie macht es, fängt im Kloster des Dalai Lama in Nepal an. Kein Make-up, Schweigen beim Essen, viel Meditation, buddhistische Philosophie. Irgendwann sagt der Lehrer: „Heute sterben wir alle.“ Christine Dohler findet die Meditation auf den Tod erst etwas makaber, aber ehrlich. Sie sitzen auf ihren Meditationskissen und stellen sich vor, wie sie jetzt mit dem Leben abschließen. Danach sagt Sofia zu ihr, die neben ihr sitzt, etwa gleich alt ist: „Ich bin unheilbar krank. Ich weiß nun, was auf mich zukommt.“ Am Abend sitzen sie im Klostergarten und umarmen sich. Die Journalistin könnte jetzt in ein Zweierzimmer umziehen, sie lehnt ab: „Diese sieben Frauen um mich herum sind mein Halt und meine Wärme“, schreibt sie.
Was wollen alle diese Menschen in einem Kloster? Einen anderen Weg gehen, zu sich selbst kommen, anders sein? Christine Dohler schreibt im Buch über ihre abenteuerliche Reise zu sich selbst: „Selbst der Dalai Lama war der Meinung, dass der Weg in die Welt bei einem selbst beginnt. Nach unserem Treffen in Hamburg nahm er meine Hände in seine Hände, drückte zu, schaute mir in die Augen. Und ich spürte, dass ich aus dieser Nummer nicht mehr rauskommen werde.“
Etwas treibt sie um die Welt. „Es war aber vor allem ein vages Gefühl, das mich in die Welt und zur Sinnsuche getrieben hat: Die Sehnsucht, ankommen zu wollen. Wo, wusste ich nicht so genau. Ich suchte nach einer Tiefe und einem Sinn im Leben. Und ich wollte, dass das Leben mir erfüllter erscheint“, sagt sie. Christine Dohler besucht die Schamanen in Guatemala, taucht in die magische Welt des Zen ein, meditiert an verzauberten Plätzen. Aber sie ist keine Aussteigerin, sie flieht nicht vor unserer Wirklichkeit, sondern forscht, stellt Fragen, sucht nach großen Antworten. Die Erleuchtung findet sie nicht, sucht sie auch nicht. „Zum Glück war ich nie auf die reine Erleuchtung aus. Ich stelle mir das auch ein bisschen langweilig vor, dass plötzlich alles klar ist, weil man ja am Ende angekommen ist wie der Buddha. Außerdem ist es, glaube ich, nicht einfach, dies ins alltägliche Leben zu integrieren. Ich frage, forsche und mache Erfahrungen, die mich als Mensch wachsen lassen. Das dauert das ganze Leben lang“, sagt sie im Gespräch.
Sie hat viel gelernt, angekommen ist sie noch nicht: „Ich habe gelernt, dass man nichts festhalten kann. Alles kommt und geht. Wenn man dem Leben voll vertraut und auf kleine Zeichen achtet, die einen leiten, dann kommt man immer weiter.“
Über die Autorin
Über die Autorin
Im L.E.O.-Verlag erscheint ihr Buch: „Am Ende der Sehnsucht wartet die Freiheit“