Liebe Leser des ENGELmagazins, liebe Engel-Fans,
kannst du einfach mal still sein, nichts tun und das auch noch genießen?
Wir brauchen Ablenkung, ständig. Wir tun alles, um uns selbst aus dem Weg zu gehen. Manche schalten, wenn sie nach Hause kommen, sofort den Fernseher oder das Radio an, weil es ihnen sonst zu leise ist, weil vielleicht gerade niemand da ist, der mit ihnen spricht. Ertappst du dich selbst? Wenn du dich mit einer Freundin im Café verabredest und du bist früher da als sie, greifst du – kaum, dass du an einem Tisch Platz genommen hast – sofort zu deinem Handy und spielst damit herum. Wir haben endlich einen Tag frei – so richtig frei, nichts steht im Kalender, kein Familienbesuch, kein Hausputz. Wir freuen uns auf diesen Tag, endlich mal durchatmen – aber spätestens drei Tage vorher werden wir unruhig: Was könnten wir an diesem Tag unternehmen, wen treffen, was erledigen?
Ja, einfach mal NICHTS! Doch so einfach ist das eben nicht. Es ist sogar eine der schwersten Übungen. Einerseits sehnen wir uns, wenn der Alltag hektisch und stressig ist, nach Oasen der Ruhe, danach, eben einfach mal nichts tun und erledigen zu müssen. Andererseits macht uns genau das Angst, wenn wir Gelegenheit dazu hätten. Das ist auch der Grund, warum Meditieren so schwer ist: Weil unser Geist sich krampfhaft mit etwas beschäftigt und uns keine Denkpause gönnen möchte. Deshalb verordnet uns die buddhistische Nonne Kankyo Tannier mit ihrem Buch eine Kur der Stille für ein leichteres Leben.
Doch wovor genau haben wir Angst? Vor dieser Leere, die sich unkontrolliert mit unseren Gefühlen füllen könnte. Dass wir uns selbst nicht ertragen könnten. Genau da ertappe ich jetzt auch mich: Kontrollverlust ist meine größte Angst. Also lieber schön alles durchplanen – auch wenn ich darunter leide, total durchgetaktet zu sein. Doch lieber das als das Gefühl, mich im freien Fall zu befinden. Dabei würde ich so gerne endlich fliegen lernen.
In diesem Sinne
Jessica Hirthe